90 Jahre St. Sebastian

25 Ableben am 20.03.1954, von „Ihrem Pfarrer Breiter“ mit tiefer Zuneigung. Für sie war er ein mitfühlender Zuhörer und Helfer, der „da war, wenn‘s drauf ankam“ , dann auch „wusste, wo‘s langgeht“ . Der „halt immer bei seine Leut‘ war“ , im Glauben wie im Leben – stets „mit der Nas‘n im Wind“ . Bis jetzt führen seine Getreuen, mittler- weile in der dritten Generation, das 1929 vom Pfarrer eingeführte wochentägliche Rosenkranzgebet fort, das ihm besonders am Herzen lag. Der private Otto Breiter tritt in den Erzählungen eher zurück. Wobei sich jeder zu erinnern weiß, dass er für sein Leben gern im nahegelegenen Gasthaus „Zum Nansen“ seine Schafkopfbrüder zum „Karteln“ traf. Das persönliche Abschiednehmen fast des gesamten Viertels, während der Tage seiner Aufbahrung in unserer Kapelle, blieb den überlebenden Weggefährten genauso in Erinnerung wie das daran anschließende letzte Geleit. Auf dem gemeinsamen Trauermarsch zogen viele hundert Mitchristen andächtig zu Fuß von St. Sebastian über die Karl-Theodor-Straße und immer weiter bis zur Ruhe- stätte bei den Priestergräbern im Nordfriedhof (Ungererstr. / Alter Teil, Sektion 72). Ein leises Raunen ging damals durch die Menge, als mehrmals die Pferde scheuten, welche das mit Blumen der umliegenden Gärtnereien geschmückte Fuhrwerk mit dem Sarg durch die Straßen zogen. Die Gläubigen versicherten sich gegenseitig: „Der werd‘ no bei uns bleim woin!“ Hineingeboren in ein noch monarchisches Bayern am 20.10.1892 in München, be- gann am 01.05.1928, mit der Ernennung zum Kurat, sein Dienst für die neu gegrün- dete Gemeinde. Für 16.000 Katholiken aus St. Ursula wurde damals vom Ordinariat ein neuer Pfarrbezirk geschaffen, zunächst noch ohne eigenes Gotteshaus. Am westlichen Ende der Bebauung Schwabings stand schon ein großes Eckgrundstück bereit, auf dem sich eine verfallene Gärtnerei befand. Bereits 18 Monate später, am 10.11.1929, konnte unser Gründungspfarrer, 37-jährig, nicht nur die Kirche festlich einweihen, sondern auch die Gemeindearbeit mit Leben erfüllen, insbesondere das soziale Elend jener Tage lindern. Denn, als Zeitgenosse und Weggefährte des 13 Jahre älteren Paters Rupert Mayer, gehörte er zu einer Generation seelsorgerisch- sozial engagierter Geistlicher. Doch zurück zu seinen Anfängen. Wie damals, wegen der hohen Kindersterb- lichkeit üblich, gleich am Tag seiner Geburt getauft, entwickelte er sich zu einem guten Schüler, legte 1911 am Wittelsbacher Gymnasium das Abitur ab und begann umgehend mit seinem Studium der Theologie. Seine Ausbildung schloss er, unter- brochen 1915-18 durch den Militärdienst im 1.Weltkrieg, 1919 mit einer Arbeit über das „Mysterium der Heiligen Dreifaltigkeit“ ab. Vor genau 100 Jahren, am 16.12.1919, ist der junge Otto Breiter mit dem Empfang der Priesterweihe im Frei- singer Dom bereit für die Verkündigung des Glaubens in den wechselvollen Zeiten der Weimarer Republik. Als aufmerksamem Zeitgenossen berühren ihn die sozialen Spannungen und die Nöte der Arbeiterinnen und Arbeiter, Soldaten und Kriegsinvaliden jener ersten P F A R R E R O T T O B R E I T E R

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